Den Sanierungsstau überwinden – gemeinsam mit den Mietern

Hohe Materialpreise und teure und ausgebuchte Handwerker tun ihr Übriges, um ein ohnehin vernachlässigtes Problem weiter zu verschärfen: den Instandhaltungsstau, der in vielen Immobilienbeständen schlummert. Mit Kreativität und einem geeigneten digitalen Werkzeug, das das Potential der Mieter nutzen hilft, lassen sich die „Sanierungsschulden“ systematisch abbauen.

Schwarze Löcher im Bestand

Die Realität in vielen Immobilienbeständen: Sanierungsbedarf fällt erst anläßlich einer Wohnungsübergabe, Beschwerde oder eines Schadens auf. Es gibt keine laufende und anlasslose Suche nach Sanierungsthemen. Sind Probleme bekannt, wird verschoben: zu kurzfristig; Mitarbeiter sind gerade von anderen Dingen absorbiert; wegen Vermeidung von Leerstand soll es mit der Neuvermietung schnell gehen;  das Sanierungs-Budget ist bereits ausgeschöpft etc. 

Diese Praxis bringt Probleme mit sich:

  • Schäden verschlimmern sich, wenn sie zu spät angegangen werden: was als feuchte Stelle angefangen hat, endet als Schimmel-Sanierung;
  • das weiß auch die Versicherung, die unter Umständen nicht zahlt, wenn nicht beizeiten vorgesorgt wurde;
  • die Neuvermietung verzögert sich, weil ungeplant saniert werden muß;
  • aus demselben Grund sind Mitarbeiter, Handwerker und Material nicht eingetaktet, was für alle Beteiligten Streß bedeutet;
  • Sanierungen erfolgen unkoordiniert, so daß Kostensparpotential gleichzeitiger ähnlicher Maßnahmen verschenkt wird mit Mindermengen-Zuschlägen, x-fachen Anfahrts- und anderen Fixkosten;
  • sporadische, ungeplante Sanierungen verschleiern die Notwendigkeit, für ein umfassenderes Sanierungskonzept eine günstige Förderung oder Fremdfinanzierung zu suchen, was unwirtschaftlich ist und zu unerwarteten Liquiditätsengpässen führen kann;
  • Mieterhöhungspotential bei Modernisierungs- und energetischer Sanierung wird verschenkt;
  • eine schleichende Wertminderung des Bestands wird inkaufgenommen;
  • schlecht sanierte Wohnungen sind für Mieter unattraktiv, d.h. auch die Zufriedenheit und langfristig die Qualität der Mieterschaft sinkt;
  • eine seriöse Liquiditäts- und Wirschaftlichkeitsplanung ist nicht möglich, wenn man nicht weiß, was sich noch da verbirgt – nicht nur, daß man nicht saniert, man kann es nicht einmal beziffern;
  • Rückstellungen für unterlassene Instandsetzungen in der Bilanz fallen systematisch zu gering aus, man rechnet sich das Ergebnis schön.
  • Für das schöngerechnete Ergebnis zahlt man auch noch Ertragssteuern, statt die abzugsfähigen Sanierungsaufwendungen zu nutzen, um die Steuerlast zu senken. 

Bedürfnisse und Kenntnisstand der Mieter nutzen

Ohne aktive, regelmäßige Suche nach Sanierungsthemen wird sich ein Sanierungsstau nicht vermeiden lassen. Jedoch läßt sich der Aufwand, den man damit hat, erheblich reduzieren, wenn der Mieter in die Suche mit einbezogen wird.

Der Mieter hat an zwei Stellen einen Vorsprung gegenüber der Immobilienverwaltung:

  • er nutzt die Mietsache, meist mit allem, was diese bietet, und verbringt jede Menge Zeit vor Ort, meist viele Stunden jeden Tag;
  • es sind seine Bedürfnisse, für die die Mietsache gemacht ist, und nicht die der Mitarbeiter der Immobilienverwaltung, so daß der Mieter keine Phantasie braucht, um festzustellen, was nicht paßt.

Diese Kombination aus Anwesenheit und Betroffenheit machen den Mieter zu einem wertvollen Mitarbeiter! Das Ziel besteht darin, den Mieter dazu anregen, Mängel auch dann mitzuteilen, wenn sie ihn (im Moment noch) gar nicht stören, und zwar garniert mit relevanten Details und ggf. Fotomaterial – jeder vom Mieter bereits gut dokumentierte Mangel spart Zeit, dies selbst zu tun!

Die Einbeziehung der Mieter zur Aufdeckung von Instandhaltungs-Versäumnissen ist in Beständen sinnvoll, die im Großen und Ganzen in Ordnung sind. Ist eine Sanierung von Grund auf erforderlich oder der Stau an Kleinigkeiten enorm, bringen die Mieter nicht die nötigen umfassenden und kundigen Informationen bei. Hier empfiehlt sich eine Objektanalyse durch den Experten.

Nebenbei das Verhältnis zu den Mietern verbessern

Im Rahmen eines aktiven Prozesses zum Abbau des Sanierungsstaus nimmt der Mieter nicht nur der Immobilienverwaltung Arbeit ab, sondern bekommt auch etwas zurück. Self Service bedeutet ja zugleich, daß es dem Mieter erleichtert wird, einen Mangel zu melden, und daß er diesen schneller und mit weniger Hin und Her beseitigt bekommt. Der Mieter hat zurecht das Gefühl, daß er mit dem Vermieter kommuniziert, seine Sorgen und Nöte ernst genommen werden und in Handlungen münden. Man kümmert sich um ihn.

Nicht zuletzt wird so laufend die Mängelliste für das Auszugsprotokoll aktualisiert und Konfliktpotential darüber, wer einen Mangel zu verantworten hat, schon bei Auftreten des Problem angegangen.

Prozesse definieren

Man kann mehr tun, als den Mieter bei Gelegenheit zu fragen, ob ihm etwas aufgefallen ist. Lediglich regelmäßig allen Mietern mitzuteilen, daß man sich über Informationen über und Fotos von möglichen Sanierungsthemen freuen würde, endet im Chaos mit entnervten Mitarbeitern und frustrierten Mietern.

Je nach Immobilienbestand und Mieterschaft empfehlen sich unterschiedliche Initiativen:

  • Ist ein bestimmter Mangel (vermehrt) aufgetreten, kann man vermuten, daß im Bestand noch mehr gleichartige Probleme lauern – man könnte alle Mieter z.B. gezielt danach fragen, wie die Silikonfugen in ihren Bädern aussehen oder sie bitten, ein Foto davon zu machen. Für speziell dieses Thema wichtige Details werden explizit abgefragt. Beim nächsten mal dann ein ganz anderes Thema mit anderen Fragen
  • Ist kein Muster zu erkennen, bietet sich stattdessen ein für alle Problemkonstellationen geeignetes Mängel-Formular an. Wahrscheinlich sollte man trotzdem gezielt nach bestimmten Themen fragen, allein um das Bewusstsein für eine bestimmte Mängelkategorie beim Mieter zu schärfen. Aufhänger ist dann vielleicht der Beginn der Heizperiode oder ein Themenkomplex wie Abfallentsorgung oder Schimmelbildung.

Mit dem Anstoßen eines Prozesses ist die Mitwirkung des Mieters aber noch nicht zuende: Terminkoordination und Erfolgskontrolle können ebenfalls mit Self Service besser und schneller gelingen.

Prozesse digital bereitstellen

Eine kleine, aber bereits sehr effektive digitale Lösung für Mieter-Self-Service zum Abbau des Sanierungsstaus ist ein Web-Formular, in das Mieter einen Mängelbericht eintragen können. Die Immobilienverwaltung kann per Email oder Messenger den Link zum Formular verschicken, und schon fließt die Information. Bleibt es beim Formular, kommt in der Immobilienverwaltung leider nur unstrukturiert Information an, und der weitere Prozess-Ablauf mit Email, Messenger oder Telefon muß manuell strukturiert werden, sprich ist in der Praxis uneinheitlich und fehlerbehaftet.

Dieses Problem läßt sich vermeiden, wenn auch der weitere Ablauf programmatisch erfolgt. Eine kleine App für diesen Teilprozess der Interaktion zwischen Mietverwaltung und Mieter, bei der ein ganz eng umgrenztes Problem der Mietverwaltung angegangen wird, kann den gesamten Prozess einschließlich der Kommunikation mit der Immobilienverwaltung digital abbilden.

Bleibt noch die Frage, wie die Mieter- und Mietobjekts-Stammdaten in die App hineinkommen. Je nach Umfang lohnt es sich, hier statt eines initialen Imports z.B. von Excel oder gar einer manuellen Einpflege eine Integration mit dem bestehenden ERP per Programmierschnittstelle (API) vorzunehmen.

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